Archivpreis 2011 der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen in Verbindung mit dem Thüringer Archivarverband
Mit dem erstmals von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und dem Thüringer Archivarverband gestifteten Thüringer Archivpreis 2011 wurde das Thüringer Archiv für Zeitgeschichte „Matthias Domaschk” (ThürAZ) ausgezeichnet. Gewürdigt werden damit die herausragenden archivfachlichen und archivpädagogischen Leistungen des ThürAZ sowie die kontinuierlich anhaltende gute Arbeit seit zwanzig Jahren.
Das ThürAZ bemüht sich, diejenigen Überlieferungen systematisch zu sammeln und verfügbar zu machen, die von jenen stammen, die im Alltag der SED-Diktatur Zivilcourage lebten oder Opposition und Widerstand gegen die Diktatur leisteten. Im Jahr 1991 aus der DDR-Bürgerbewegung heraus gegründet, gilt es als das einzige unabhängige Oppositionsarchiv im Freistaat Thüringen. Als Spezialarchiv verwahrt es knapp 100 private Vor- und Nachlässe sowie Sammlungen von Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern. Diese Dokumente geben umfassend Auskunft über deren Oppositionstätigkeit gegen die SED-Diktatur seit den 1970er Jahren bis zur Wende 1989/90, insbesondere in den ehemaligen Bezirken Gera, Erfurt und Suhl.
Im Laufe der vergangenen 20 Jahre hat das ThürAZ einen Prozess der Professionalisierung durchlaufen und sich zu einem Archiv entwickelt, das seine Bestände archivgerecht untergebracht hat, archivfachlich betreut und wissenschaftlich erschließt. Ergänzt wird die Überlieferung durch eine große Zahl an wertvollen Zeitzeugeninterviews und ca. 11.000 Fotos. Die Bestände sind sowohl in gedruckten Bestandsübersichten wie auch im Internet nachgewiesen und werden von der Öffentlichkeit viel genutzt.
Die Fachjury hob in ihrer Begründung insbesondere das breite archivpädagogische Angebot an Jugendliche hervor. Auch die bildungspolitische Arbeit gilt als vorbildlich. So besteht eine enge Kooperation mit der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zahlreiche eigene Projekte wie die Wanderausstellung 'Losgehen und Ankommen – Jugendkultur in der DDR am Ende der 70er Jahre' (1999), die Publikation 'Zwischen Utopie und Resignation – vom Bleiben und Gehen' (2003) sowie die viel beachtete Tagung 'Archiv, Forschung, Bildung' zum 15jährigen Bestehen das Hauses 2006 belegen die Vermittlungsarbeit des ThürAZ.
Mit ihrer Preisvergabe würdigt die Jury das ThürAZ im zwanzigsten Jahr des Bestehens und seine Bemühungen zur Sicherung des Schriftgutes der demokratischen Bürger-, Umwelt- und Friedensbewegung. Diese Entscheidung trägt nicht zuletzt der Tatsache Rechnung, dass zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte die Aktenüberlieferung des Staates bei weitem nicht ausreicht, sondern es der Gegenüberlieferung bedarf, um die Stimmen der von der Diktatur Unterdrückten zu dokumentieren. Die vom Thüringer Archiv für Zeitgeschichte in Jena gesammelten und archivierten Dokumente nichtstaatlicher Provenienz schließen somit eine 'Überlieferungslücke', die die klassischen Behördenarchive aus vielerlei Gründen nicht ausfüllen. Diese Ergänzungsfunktion erfüllt das ThürAZ für das Land Thüringen in vorbildlicher Weise.