VdA-Ältere Nachrichten

VdA - 15.08.2011

Call for Papers für den 82. Deutschen Archivtag 2012 in Köln

Fulda. Vom 26. bis 29. September 2012 findet in Köln der 82. Deutsche Archivtag statt. Der Vorstand des VdA hat sich für das folgende Rahmenthema entschieden:

Kulturelles Kapital und ökonomisches Potential – Zukunftskonzepte für das Archiv

Das Rahmenthema zeigt ein Spannungsverhältnis auf: Wie können der Kultur- und Bildungsauftrag der Archive und die damit immer wieder verbundene Ressourcenfrage miteinander in Einklang gebracht werden? Hierbei gilt der Blick ebenso den denkbaren organisatorisch-rechtlichen Veränderungen, den gestiegenen Erwartungshaltungen im Informationszeitalter, neuen Formen von freiwilligen Finanzierungsleistungen und gelun¬genen Beispielen von kultureller Bildungsarbeit, die zu einer verbesserten ökonomischen Basis führten.


Sektion 1: Ausgliederung von Archiven – Chance oder Risiko?

Archive sind als Akteure im kulturellen Leben und auch als Dienstleister für den Archivträger bzw. für alle Interessierte anerkannt. Diese Anerkennung schlägt sich aber oft nicht in einer angemessenen materiellen und personellen Ausstattung der Archive nieder. Archive leiden wie ein Großteil aller kulturellen Leistungserbringer unter der angespannten Finanzsituation ihrer Trägerinstitutionen.
Viele Archivträger versuchten in den letzten Jahren, durch unterschiedliche strukturelle und betriebswirtschaftliche Reformen ihre Haushalte von kulturellen Ausgaben zu entlasten bzw. die vorhandenen Mittel zielgerichteter einzusetzen. Zu den genannten Maßnahmen gehören u. a. Veränderungen in den Betriebsformen der Kultureinrichtungen bzw. der Archive. Kulturelle Aufgabenbereiche wurden ausgelagert oder in andere Rechts- und Organi¬sationsformen überführt. Mit der Ausgliederung von Archiven – ob direkt oder indirekt als Teil von Kulturbetrieben – kommt es zu einer Trennung der Archive von der Kern¬verwaltung des jeweiligen Archivträgers. Über die Sinnhaftigkeit solcher Ausglie¬derungen von den Kernverwaltungen wurde bisher ebenso wenig diskutiert wie über die rechtlichen oder intuitiv-menschlichen Auswirkungen. Werden „ausgelagerte“ Archive von den Verwaltungen noch als „ihre“ Langzeitsicherungseinrichtungen anerkannt? Gibt es Auswirkungen auf die Überlieferungspraxis? Entstehen den Archiven neue „Freiheiten“ und neue Möglichkeiten durch geänderte Wirtschaftsformen? Oder bedeutet Ausgliederung die Aufkündigung der kulturellen Solidargemeinschaft innerhalb des Archivträgers? Siegen letztendlich Kosten- und Nutzenrechnungen über archivfachliche Entscheidungen? Über welche Erfahrungen verfügen ausgegliederte Archive oder deren Archivträger? Haben die Ausgliederungen die Archive gestärkt oder geschwächt?
In der Sektion sollen in praxisnahen Referaten die Erfahrungen einzelner Archive thematisiert werden. Ferner sind auch grundsätzliche Darstellungen zu den Chancen und Risiken der Ausgliederungen von Archiven erwünscht.

Vorbereitung und Leitung der Sitzung: Dr. Veit Scheller, ZDF-Unternehmensarchiv, Telefon: +49 6131 70-14706, E-Mail: scheller.v@zdf.de


Sektion 2: Lobbyarbeit und Fundraising

Unterstützung der Archivarbeit bedeutet in der Praxis, dass Dritte öffentlich wie im kleinen Kreis für die Belange des Archivs eintreten. Das kann beispielsweise über die Mitglieder des eigenen Fördervereins oder prominente Fürsprecher vor Ort geschehen, die das Gespräch mit den jeweiligen Trägern des Archivs suchen. Solche Fürsprecher sind oft unverzichtbar, wenn es etwa gilt, bei Haushaltsdebatten für ein auskömmliches Budget zu streiten. Doch weniger der Streit, vielmehr das klärende Gespräch, das gezielte Werben für die Aufgaben und Bedeutung des Archivs stehen im Vordergrund ihrer Arbeit. Oft vernetzen sich die Akteure, wenn es gilt, sich für ein strategisches Ziel des Archivs oder ein konkretes Projekt zu engagieren. Und Mitstreiter werden benötigt, wenn der Träger der Einrichtung für bestimmte Aufgaben oder bei Projekten allenfalls ein Anschubbudget, aber nicht die Vollfinanzierung zur Verfügung stellen kann. Wie gelingen Lobbyarbeit, Networking und Fundraising? Was ist dabei grundsätzlich zu beachten? Wie schaffen Archive es, dauerhafte Unterstützer als Lobbisten oder gar Finanziers an sich zu binden? Welche Rolle spielen hierbei Fördervereine oder gar eigene Stiftungen? Und welche Größenordnungen an einzuwerbenden Finanzmitteln können veranschlagt werden? Im Vordergrund der Referate sollen praxiserprobte Beispiele mit strategisch-konzeptionellen Überlegungen einhergehen.

Vorbereitung und Leitung der Sitzung: Dr. Ulrich Nieß, Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte, Telefon: +49 621 293-7027, E-Mail: ulrich.niess@mannheim.de


Sektion 3: Archive als moderne Dienstleister

In den vergangenen Jahren haben sich die Anforderungen an die Archive stark verändert. Träger, Benutzer und Medien erwarten als Kunden von den Archiven schnelle Antworten, umfassende und vor allem korrekte Informationen. Mithilfe technologischer Entwicklungen konnten in den Archiven Erschließung und Verzeichnung der Bestände quantitativ erhöht, qualitativ verbessert und einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Die Archive werden als moderne Informationsdienstleister wahrgenommen. Das Internet ermöglicht den weltweiten Zugang zu Bestandsverzeichnissen, Online-Findbüchern und Digitalisaten. Diese erleichtern die Arbeit, wecken aber auch bisher nicht gekannte Bedürfnisse. Einerseits hat sich das geographische Einzugsgebiet der Benutzer durch Medien und Internet um ein Vielfaches verbreitert; andererseits nimmt außerhalb der Archive der Kenntnisstand über archivisches Arbeiten und Bestandsbildungen massiv ab.
Modernes Informationsmanagement erwarten aber auch die Träger, die „ihre“ Einrichtungen neu entdeckt haben und Anfragen gezielter sowie vermehrt an diese richten. Gleichzeitig gehen aber Personal- und Sachausstattung nicht mit den Anforderungen konform – im Gegenteil, in Zeiten knapper Kassen wird noch mehr gespart. Archive müssen daher „inmitten der Gesellschaft“ stehen, um mehr Einnahmen zu generieren. Daher erhöhen sie ihre Aufmerksamkeit durch Öffentlichkeitsaktionen, die dann wiederum zu mehr Beratungen und Benutzungen führen.  Diese Anforderungen führen zwangsläufig zu der Frage, wie die Archive mit diesen Erwartungen umgehen. Welche neuen Konzepte in der Kundenorientie¬rung werden derzeit diskutiert? Wie kann man von Anderen lernen, auch über die Archivwelt hinaus? Welche Anforderungen der Kunden sind noch erfüllbar, welche nicht? Welche Wege geht unsere Archivzunft bei der Organisation der verschiedenen Kundeninteressen? Was erwarten die verschiedenen Kunden von den Archiven in Zukunft? Diese und andere Fragen sollen in der Sektion diskutiert werden.

Vorbereitung und Leitung der Sitzung: Dr. UIrich S. Soénius, Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln, Telefon: +49 221 1640-800, E-Mail: ulrich.soenius@koeln.ihk.de


Sektion 4: Kulturelle Bildung und Archive

Archive haben neben ihrer Aufgabe als Speicher des kollektiven Gedächtnisses einen Bildungsauftrag, und das nicht nur aus ökonomischen Gründen. Vielmehr gilt es, die Bestände einerseits der Forschung zur Verfügung zu stellen und andererseits die Ergebnisse auch der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dazu bedarf es guter Ideen, um in der Vielfalt des öffentlichen Lebens in der Öffentlichkeit und in den Medien wahrgenommen zu werden. Andererseits wurde durch kritische Rückfragen an die jüngere Geschichte, beispielsweise bezüglich der Zwangsarbeiter oder der Heimkinder, auch einer breiten Öffentlichkeit wieder bewusst, dass Archive das Material zur Erforschung und Darstellung historischer Sachverhalte bereitstellen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, im Rahmen der Archivarbeit gewonnene Erkenntnisse für das interessierte Publikum aufzubereiten. Solche Projekte, ob während des Deutschen Archivtags noch laufend oder bereits abgeschlossen, sollen bei der Sektionssitzung vorgestellt werden. Sowohl die zu Grunde liegenden Überlegungen als auch die praktische Umsetzung sind dabei von Interesse. Wichtig erscheint aber auch die Frage, was Archive in dieser Hinsicht leisten können und sollen. Willkommen ist auch die Vorstellung von Projekten „abseits der Spur“, die zu der Frage führen, wie man Themen außerhalb des unmittelbar Aktuellen oder Populären präsentiert und welche Resonanz man dabei erwarten kann.

Vorbereitung und Leitung der Sitzung: Dr. Eberhard Fritz, Schloss, 88361 Altshausen, Telefon: +49 7584 291108, E-Mail: archiv@schloss-altshausen.de



Abgabeschluss ist der 31. Oktober 2011. Der Programmausschuss wird aus den Vorschlägen eine Auswahl unter dem Gesichtspunkt treffen, dass möglichst vielfältige Aspekte in den Sektionen angesprochen werden. Die Beiträge sollen dann auch wieder in einem Tagungsband publiziert werden. Dazu erhalten die Referentinnen und Referenten später nähere Informationen.

Über eine breite Resonanz freuen wir uns sehr.


Dr. Michael Diefenbacher, Vorsitzender des VdA