VdA - 31.03.2014

NEA-Springmeeting in Portsmouth/New Hampshire vom 20. bis 22. März 2014

Bernhard Post (Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar) mit zwei aus Deutschland stammenden amerikanischen Kolleginnen beim Frühjahrestreffen in Portsmouth am 22. März 2014. V.l.n.r.: Ilana Kohn Grallert aus Krefeld, Dr. Bernhard Post, Daniela True aus Rheinfelden. Foto: Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar

Fulda (ein Bericht von Bernhard Post). Auf Einladung der Archivarinnen und Archivare von Neuengland (New England Archivists - NEA) nahmen sechs Mitglieder des Steering Committee der Section of Records Management and Archival Professional Associations (SPA) im ICA an deren diesjährigen Frühjahrstagung in Portsmouth, einer kleinen Stadt nördlich von Boston teil.

Mit großem Interesse verfolgten die TeilnehmerInnen die Vorstellung der Arbeit des ICA durch Fred van Kan, dem Vorsitzenden des Steering Committee, sowie die Vorstellung des Archivwesens in Israel, Norwegen, Niederlande, Schweiz, Kanada und Deutschland. Grundsätzlich sind die Herausforderungen und Probleme in den Archiven auf beiden Seiten des Atlantiks sehr ähnlich: Neben den traditionellen Aufgaben müssen große Digitalisierungsprogramme und die Übernahme von born digitals mit einem eher geringeren Personalstamm bewältigt werden. Anders als in Europa wird eine große Zahl von Archiven nicht von öffentlichen Trägern unterhalten, sondern sind Universitäten und Forschungen angegliedert. Sie erhalten ihre Mittel aus Stiftungsvermögen und unterliegen daher auch nicht archivgesetzlichen Regelungen. In stärkerem Maße als in Europa ist die zusätzliche Einwerbung von Sponsoren-Geldern erforderlich. Auffällig ist auch, dass die fachliche Trennung zwischen dem Archiv- und dem Bibliothekswesen weniger scharf ist. Häufig sind hier Archivalien und Bücher in Collections zusammengefasst.

Geboten wurden zwei außergewöhnliche Gastvorträge. Ian MacKaye, Frontmann der von den 1980er Jahren bis in unser Jahrtausend hinein erfolgreichen Hardcore-Punkrock-Gruppe „Fugazi“ berichtete über den Aufbau eines Online-Archivs zur Band. Fugazi ist als Verweis auf den Vietnamkrieg ein Akronym für „Fucked Up, Got Ambushed, Zipped In“. Selbst produzierte Musikträger, Plakate und Tourenpläne werden nun digitalisiert und ins Netz gestellt. Fans unterstützen das Projekt. Die Digitalisate können dann gegen Gebühr heruntergeladen werden.

Der Dokumentarfilmer Vivek Bald berichtete über sein beim Massachusetts Institute of Technologie (MIT) angesiedeltes Projekt „Bengali Harlem“ zur Dokumentation der Einwanderung aus Südindien in die USA. In Archiven weltweit verfolgte er die Spuren der Händler und Seeleute, durchforschte Passagier-, Heuer- und Meldelisten, führte Interviews mit den Nachkommen. Viele der Einwanderer waren einfach über Bord gesprungen und hatten lange illegal in den USA gelebt. Das beeindruckende Ergebnis zur Geschichte einer Minderheit wurde zunächst in Buchform vorgestellt ist nun als Internetdokumentation abrufbar (http://newsoffice.mit.edu/2013/vivek-bald-hidden-history-of-bengali-harlem-0107).

In einer Sektion zur Archivierung von Videos und sozialen Medien stellten StudentInnen der Northeastern University ihre in Zusammenarbeit mit der Boston City Archives Collection entstehende Dokumentation zum Bombenanschlag auf den Boston Marathon 2013 vor. Neben Dokumenten werden hier vor allem die Eindrücke von Opfern und Zeugen ins Netz gestellt. Angesichts der Zahl der täglichen Opfer von Bomben und Gewalt weltweit erhebt sich die Frage, ob sich hier tatsächlich eine geeignete Form der Dokumentation und Aufarbeitung entwickelt.(www.northeastern.edu/marathon).

Ihr Fachwissen und ihre Literaturkenntnisse hatten drei Archivarsteams beim „NEA Jeopardy Tournament“ unter Beweis zu stellen. Bei der an eine beliebte Fernsehsendung angelehnten Veranstaltung fungierte Gregor Trinkaus-Randall, Massachusetts Board of Library Commissioners und Mitglied im Steering Committee der SPA, als Quizmaster.