VdA - 17.07.2025

Deutscher Archivtag

CALL FOR PAPERS

 

93. Deutscher Archivtag 2026 in Hof (Saale)

Fulda. Der 93. Deutsche Archivtag wird vom 29. September bis zum 1. Oktober in Hof (Saale) stattfinden. Der Gesamtvorstand hat sich für das folgende Rahmenthema entschieden:

Zugang zu Archivgut heute und morgen: Erschließung – Bereitstellung – Benutzung

Archive haben die Aufgabe, wesentliche Informationen aus der öffentlichen Verwaltung, aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft dauerhaft zu sichern und für die Allgemeinheit zugänglich zu machen. Doch wie kann das Zugänglichmachen gut gelingen? Wie können wir Archivgut so erschließen und bereitstellen, dass wir Nutzenden einen möglichst barrierearmen Zugang gewähren? Welche rechtlichen Belange sind bei der Bereitstellung zu beachten? Wer sind unsere Nutzenden überhaupt und welche Bedürfnisse haben die verschiedenen Nutzergruppen? Erbeten werden Beiträge zu den unten aufgeführten oder verwandten Themenbereichen. Grundsatzvorträge sind ebenso von Interesse wie Werkstattberichte. Ausdrücklich erwünscht sind auch Beiträge zu negativen Erfahrungen und Fehlschlägen, die Kolleginnen und Kollegen in ähnlichen Situationen als Entscheidungshilfe dienen können.

Wichtiger Hinweis: Die nachfolgend genannten Bereiche dienen lediglich der Präzisierung des Tagungsthemas, die eingereichten Beiträge werden erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Veranstaltungsabschnitten gruppiert.

Erschließung und Bereitstellung von Archivgut im digitalen Zeitalter

Die Digitalisierung verändert auch die Bedingungen, unter denen Archivgut Nutzenden zugänglich gemacht werden kann. Waren über Jahrzehnte hinweg Tektonik und Klassifikation sowie die Vorlage von Akten im Lesesaal vor Ort die unangefochtenen Mittel der Wahl, so bieten sich heute andere Möglichkeiten. Sind also gängige Archivinformationssysteme, die im Wesentlichen auf Tektonik und Klassifikation beruhen, noch zeitgemäß? Bietet der ICA-Standard „Records in Context“ eine Alternative dazu? Welchen Einfluss haben die Digitalisierung von Archivgut und die Übernahme genuin digital entstandener Unterlagen auf die Erschließung? Wenn Volltextausgaben möglich sind, liegt dann nicht bereits dadurch eine Recherchetiefe vor, die eine zusätzliche Tiefenerschließung obsolet macht? Können KI-Werkzeuge zur Erschließung von Archivgut eingesetzt werden, etwa indem die Möglichkeiten der automatischen Bilderkennung auf visuelle Medien wie Fotos und Karten angewendet werden? Oder werden im Zuge der digitalen Wende neue Formen der Tiefenerschließung notwendig, wenn etwa Vorgänge, Aktenabschnitte, Teilakten und Seiten bei der Verzeichnung eigens ausgeworfen werden oder wenn die Verzeichnung mit zusätzlichen, ggf. automatisiert erhobenen Metadaten angereichert wird? Wie können genuin digitale Unterlagen jenseits der klassischen Akten, also zum Beispiel Daten aus Fachverfahren, Dateiablagen oder E-Mail-Accounts, für Nutzende zugänglich gemacht werden? Wie weit soll dabei der Service des Archivs reichen und was kann den Nutzenden selbst zugemutet werden? Welche Werkzeuge können Nutzenden bereitgestellt werden, die die Barrieren zum Archivgut verringern, etwa automatische Transkriptionen, Übersetzung in andere Sprachen usw.? Ist der digitale Lesesaal dabei die Antwort auf alle Fragen? Und wie können Archive mit geringen personellen und finanziellen Ressourcen bei diesen Entwicklungen Schritt halten? Werden schon Möglichkeiten der digitalen Bereitstellung im Verbund erprobt und welche Rolle können hier Archivportale übernehmen?

Rechtsfragen der Zugänglichmachung von Archivgut

Beim Zugang zu Archivgut spielen im besonderen Maße rechtliche Aspekte eine Rolle. Viele Unterlagen enthalten personenbezogene Daten, aber auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder Informationen, die dem Steuergeheimnis, dem Statistikgeheimnis usw. unterliegen. Wie kann bei der Vorlage solcher Unterlagen ein Ausgleich zwischen dem Schutz berechtigter Interessen Einzelner und den Grundrechten auf Information (u. a. Presse-, Forschungs- und Meinungsfreiheit) hergestellt werden? Wie können Mitarbeitende schutzwürdige Informationen im Arbeitsprozess sicher identifizieren? Welche Regelungen halten die Archivgesetze und die darauf beruhenden Archivsatzungen für diese Informationen bereit und gibt es hier Nachbesserungsbedarf? Wie können eine rechtskonforme Vorlage rechtebewehrter Unterlagen gewährleistet und zugleich die begrenzten personellen Ressourcen von Archiven im Blick behalten werden? Welche Rolle spielen dabei Benutzungsordnungen, Verpflichtungserklärungen usw. und wie müssen sie gestaltet sein? Wie können Archive darauf reagieren, wenn Nutzende Archivgut nicht so verwenden, wie zuvor verabredet? Und welche Bedeutung haben Archive für die Geltendmachung von Rechtsansprüchen etwa im Hinblick auf Melde- und Personenstandsunterlagen?

Im digitalen Zeitalter wächst der Anspruch, möglichst viele Erschließungsinformationen und Digitalisate ohne Beschränkungen im Internet bereitzustellen. Wie kann sichergestellt werden, dass dabei sensible Daten nicht unkontrolliert in die Öffentlichkeit gelangen? Nach welchen Kriterien entscheiden Archive über einen freien Onlinezugang? Entstehen neue datenschutzrechtliche Problematiken, wenn Nutzende Reproduktionen in cloudbasierten Apps speichern und dort Werkzeuge zur Texterkennung oder Übersetzung anwenden, die Inhalte maschinell weiterverarbeiten? 

Bei vielen Archiven bestehen immer noch Unsicherheiten, wie sie mit urheberrechtlich geschützten Unterlagen insbesondere bei der Digitalisierung verfahren müssen. Was gilt es zu beachten, wenn solche Unterlagen Nutzenden analog oder digital zur Verfügung gestellt werden? Gibt es Archive, die bereits die neuen Möglichkeiten einer weitergehenden Zugänglichmachung, Veröffentlichung und Verbreitung von Werken nutzen, die das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz von 2018 und die Nicht-verfügbare-Werke-Verordnung von 2023 eröffnet haben?

Viele Archive erheben im Rahmen der Benutzung ihrer Unterlagen Gebühren, z. B. für die Erteilung von Auskünften oder die Nutzung von Bildrechten. Wann und in welcher Höhe sind solche Gebühren sinnvoll und zulässig? Wie müssen Gebührenordnungen grundsätzlich gestaltet sein und was ist in Zeiten der Digitalisierung besonders zu beachten?

Die DSGVO erlaubt Archiven, Unterlagen mit personenbezogenen Daten zu anderen als den ursprünglichen Entstehungszwecken aufzubewahren. Um in den Genuss dieses Privilegs zu kommen, müssen nicht-öffentliche Archive in oftmals komplexen Abwägungen und Prozessbeschreibungen darlegen, dass sie tatsächlich „echte“ Archive sind. Was ist erforderlich, damit ein privates Archiv diesen Nachweis führen kann? Welche Auswirkungen haben Einschränkungen der Nutzung, wenn z. B. der Träger eines privaten Archivs den Zugang kontrollieren oder einschränken will? Dies geschieht oft mit dem Hinweis auf datenschutzrechtliche Belange. Welche Argumente sind gegenüber dem Träger in einem solchen Fall hilfreich? Und was sind eigentlich personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO? Reicht es bereits, wenn in einer Unterlage ein Name genannt ist? Was können und müssen private Archive also tun, um die Anforderungen der DSGVO zu erfüllen?

Interessen, Anforderungen und Wünsche von Nutzerinnen und Nutzern

Archive haben ein breites Spektrum an Nutzenden. Sie kommen aus Wissenschaft, Schule und Journalismus, sind Genealogen oder Hobbyhistorikerinnen aus der Region. Sie haben zum Teil sehr unterschiedliche Voraussetzungen und Bedürfnisse bei Betreuung und Zugang zu Archivgut. Was wünschen sich diese unterschiedlichen Nutzergruppen und wie können wir ihren Wünschen gerecht werden? Beziehen wir die Interessen bestimmter Nutzergruppen auch in die Bewertung von Unterlagen mit ein? Wie können wir Nutzende angemessen beraten und ihnen ein niederschwelliges und zugleich professionelles Angebot machen? Sollen wir bestimmte Bestände oder einzelne Archivalien gezielt für bestimmte Nutzergruppen aufbereiten, um sie möglichst barrierefrei zugänglich zu machen? Welche Kenntnisse können und dürfen wir auf der anderen Seite voraussetzen und wie können wir, z. B. durch Schulungsangebote, Hilfe zur Selbsthilfe leisten? Gibt es Nutzergruppen, die wir neu erschließen können, und wenn ja, wie können wir sie erreichen? Welche Rolle spielen dabei etwa die Angebote der Archivpädagogik? Sollten wir auf Social-Media-Kanälen für unser Archivgut „Werbung machen“? Wie verändert die zunehmend online stattfindende Benutzung das Verhältnis zu den Nutzenden? Wie kann auch aus der Ferne die Beratung sichergestellt werden und sollten wir dabei neue Wege gehen? Und wie können wir damit umgehen, dass vielen Archiven auch bei der Nutzerbetreuung finanzielle, räumliche, personelle und technische Grenzen gesetzt sind?

Das Thema „Zugang zu Archivgut“ ist sehr vielschichtig und entwickelt sich aktuell dynamisch. Wenn Sie zu einem oder mehreren der aufgezeigten Aspekte einen Beitrag auf dem Deutschen Archivtag 2026 leisten möchten, so freuen wir uns auf Ihre Zusendungen!

Ihre Abstracts (max. 2500 Zeichen) schicken Sie bitte mit dem Betreff „Call for Papers Deutscher Archivtag 2026“ an die E-Mail-Adresse info@vda.archiv.net. Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2025.

Wir freuen uns über eine breite Resonanz!

Ralf Jacob, Vorsitzender, und die Mitglieder des Programmausschusses Horst Gehringer, Dr. Ulrike Gutzmann und Dr. Maria von Loewenich